: Liesborner Evangeliar

Mittelalterliche Handschrift von nationaler Bedeutung kehrt zurück

Das Liesborner Evangeliar in seiner Frontalansicht.

Der rückseitige Buchdeckel des Liesborner Evangeliar.

Das aufgeschlagene Evangeliar. Für die Herstellung einer solchen Doppelseite ist vor rund 1.000 Jahren die Haut von einem Rind verwendet worden. Insgesamt 85 Rinder, so die Schätzung von Frau Dr. Hindman, sind für die Herstellung des Liesborner Evangeliars verwendet worden.

Landrat Dr. Gericke und die renommierte Kunsthändlerin Dr. Sandra Hindman haben jetzt in einem Pressegespräch im Kreishaus über die Hintergründe und Einzelheiten berichtet.

Das Liesborner Evangeliar, eine mittelalterliche Handschrift von nationaler Bedeutung, kehrt zurück zu seinem deutschen Ursprungsort in das Museum Abtei Liesborn im Kreis Warendorf. Landrat Dr. Gericke und die renommierte Kunsthändlerin Dr. Sandra Hindman haben jetzt in einem Pressegespräch im Kreishaus über die Hintergründe und Einzelheiten berichtet. Das Evangeliar ist ein einzigartiges Zeugnis mittelalterlicher Kunst- und Kulturgeschichte und ein national wertvolles Kulturgut. Es ist eines der wenigen vollständig erhaltenen, frühmittelalterlichen Evangeliare aus einem westfälischen Kloster.

Insgesamt zwei Jahre haben die Verhandlungen gedauert, die nun erfolgreich zu Ende gegangen sind. Erleichterung darüber zeigten beide Seiten. "Das Evangeliar ist einzigartig für unsere Kultur, unseren Glauben und unsere Region. Ohne den Einsatz der beteiligten Sponsoren hätte das nicht funktioniert. Bei allen zehn Förderern möchte ich mich noch einmal herzlich bedanken", so Landrat Dr. Olaf Gericke.

"Frau Dr. Hindman war eine faire Verhandlungspartnerin. Wir haben uns in den letzten Jahren sehr gut kennengelernt. Letztlich kann festgehalten werden, dass beide Seiten mit dem anstehenden Besitzerwechsel sehr zufrieden sind", so der Landrat weiter.

"Die Chemie hat gestimmt zwischen uns und ich bin als Kunsthändlerin, die schon viele Kunstschätze in der Hand gehalten hat, sehr froh, dass dieses Werk an seinen einzig richtigen Bestimmungsort zurückkehren wird. Mein Anspruch ist immer, an die richtigen Menschen zu verkaufen – das habe ich hier getan", ergänzt Dr. Hindman, die sich als Spezialisten mittelalterlicher Handschriften einen Namen gemacht hat. Sie hat ihr Studium mit einer Doktorarbeit in Kunstgeschichte an der Cornell Universität abgeschlossen und mehr als 30 Jahre an renommierten Universitäten in den Vereinigten Staaten gelehrt. Frau Dr. Hindman hat über ein Dutzend Bücher und viele Artikel veröffentlicht. Vor einem Vierteljahrhundert gründete sie die Galerie Les Enluminures. Jetzt ist die Galerie der wichtigste Handschriftenhändler der Welt mit Niederlassungen in Chicago, New York, Paris und seit kurzem auch in London.

Dr. Sandra Hindman: "Das Land Westfalen hatte in der Vergangenheit schon mehrere Male erfolglos versucht die Handschrift zu erwerben. Der jetzige Erfolg ist den Bemühungen und der unermüdlichen Begeisterung von Dr. Olaf Gericke und seinen Mitarbeitern zuzuschreiben."
Das Evangeliar der Abtei Liesborn reist im April aus den Vereinigten Staaten nach Westfalen zurück, nämlich dorthin, wo seine lange Reise vor mehr als tausend Jahren begann. Die Chronologie des Erwerbs ist geprägt von vielen Hochs und Tiefs: Schon 1987 wurde es im Auktionshaus Christie’s in London zum Kauf angeboten. Dr. Kirsch und der damalige Museumsleiter Dr. Bennie Priddy flogen nach London, um das Buch zu ersteigern. Leider überbietet und ersteigert der norwegische Sammler Martin Schøyen das Evangeliar für 1,14 Mio. Deutsche Mark. Im März 2015 erscheint es auf der Internationalen Kunstmesse TEFAF in Maastricht. Das Evangeliar wird durch die Galerie "Les Enluminures" zum Verkauf angeboten. Inhaberin: die Kunsthändlerin Dr. Sandra Hindman. Landrat Dr. Gericke und Museumsleiterin Dr. Schwarm fuhren zur TEFAF, um erstmals mit Dr. Hindman Kontakt aufzunehmen. Der damalige Angebotspreis: 6,5 Millionen Dollar. Im Laufe des Jahres 2015 kam es zu vielen Verhandlungsgesprächen. In der Zeit wurden erste Gutachten erstellt, um den Wert zu ermitteln. In dem Zuge besuchte Frau Hindman erstmals die Abtei Liesborn. 2016 begann dann die Suche nach Förderern. Waren es zunächst persönliche Anfragen möglicher Förderer durch den Landrat, wurden im Verlauf offizielle schriftliche Förderanträge gestellt. In der zweiten Hälfte 2016 verdichteten sich dann die Chancen, Fördergelder in Höhe des geforderten Kaufpreises akquirieren zu können. Nach einem zähen Verhandlungsmarathon kam dann der Durchbruch, der auf der Kunstmesse TEFAF mit einem Handschlag besiegelt wurde.

Derzeit wird ein neues Museumskonzept für das Museum Abtei Liesborn entwickelt und mit Hochdruck an einer angemessenen Präsentationsumgebung für das nun endlich heimkehrende Evangeliar gearbeitet.

Die Kreistagsmitglieder werden in der Sitzung des Kreistages am 24. März über den Kauf abstimmen. Der Rückkauf für rund drei Mio. Euro wird durch das Engagement der Sparkasse Münsterland Ost, dem Sparkassenverband Westfalen-Lippe, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Land Nordrhein-Westfalen, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Kunststiftung NRW, der Rudolf-August Oetker-Stiftung, dem Bistum Münster und dem Verein der Freunde und Förderer des Museums Abtei Liesborn e.V. ermöglicht.

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