Das Grafikkabinett

Die Kuh in der niederländischen Kunst

Das Grafikkabinett zeigt 30 Grafiken verschiedener niederländischer Künstler. Sie sind Teil einer umfangreichen Kuh-Sammlung, die 2002 als Vermächtnis der Sammlerin Margot Müller-Habig in das Museum Abtei Liesborn gelangt ist.

Um 1600 geriet die Kuh in das Blickfeld der niederländischen Stecher und Maler, die sich auf Tierdarstellungen spezialisiert hatten. Schon bald sollte das äußerst beliebte Bildmotiv zum heimlichen Wappentier der Niederländer aufsteigen.Das Verfahren der Druckgrafik trug als eine schnelle und kostengünstige Methode, Gemälde zu vervielfältigen, sicherlich zu der rasanten Verbreitung des beliebten Motives bei. Zugleich ermöglichte es Künstlern und deren Werkstätten, eine neue und größere Käuferschicht für ihre Werke zu erschließen. 

Die Darstellung des sanftmütigen und friedfertigen Viehs, dem sichtlich jegliche Aggression fernliegt, sollte nicht nur die Erinnerungen an das verlorene Paradies wachrufen, in dem alle Kreaturen in Harmonie beisammen lebten, sondern galt auch als Symbol für Fruchtbarkeit und Wohlstand. Der Wohlstand der Niederländischen Provinzen beruhte auf den Erträgen aus Milchwirtschaft und Viehzucht. Als wirtschaftliche Komponente besaß das Milchvieh höchsten Stellenwert. Es erscheint daher nicht verwunderlich, dass die Niederländer die fleißigen „Produzenten“ einer ihrer stärksten wirtschaftlichen Zweige mit einem gewissen Stolz bildhaft darstellen wollten.

Eine Kuh oder gar eine ganze Herde inmitten grüner Wiesen behütet von musizierenden Hirten und rastenden Mägden zählt zudem bis heute zum Idealbild der ländlichen Idylle. Bestückt mit antiken Ruinen und Fragmenten ruinöser Bauwerke wurde aus der heimischen Landschaft ein ferner arkadisch-bukolischer Wunschort. Die Verklärung des Hirtenlebens und des bäuerlichen Alltags fand in der frühen Neuzeit über die Literatur Eingang in die Gedankenwelt eines breiteren Publikums. Der Sammler aus dem aufkommenden Bürgertum kam meist selten mit dem Landleben oder einer tatsächlichen Kuh in Kontakt, geschweige denn mit dem echten Alltag der Bauern, der oft aus Armut und harter körperlicher Arbeit bestand.