Der anonyme Meister von Liesborn wird bereits in den frühen Überblickswerken zur deutschen Malerei als herausragender Vertreter der spätgotischen Tafelmalerei Westfalens genannt. Dennoch blieb das Œuvre des Meisters von Liesborn, abgesehen von einigen größeren Forschungsanstrengungen in der Nachkriegszeit, bislang weitgehend unbeachtet.
Durch neue Ergebnisse des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg ist die Mitteltafel des Altars aus dem Klarissenkloster St. Klara in Köln in den Fokus der aktuellen Forschung gerückt: Eine umfassende Untersuchung, die diese neuen Erkenntnisse mit den bereits erforschten Werken des Meisters von Liesborn oder den Befunden jüngerer Restaurierungen, wie der „Ohnmacht Mariens“ im Museum Abtei Liesborn, vergleicht, steht jedoch noch aus.
Im Rahmen einer Masterarbeit soll in Zusammenarbeit mit dem LWL-Museum Münster ein Objektkatalog erstellt werden, der spezifische Darstellungsmerkmale des Meisters von Liesborn dokumentiert. Neben den Werken des LWL-Museums und des Museums Abtei Liesborn finden der für den Meister namensgebende Hochaltar der Abtei Liesborn, der heute in Fragmenten in Münster und London erhalten ist, der Lünener Altar, der Soester Kalvarienberg sowie der Brömse-Altar in Lübeck Beachtung. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Inschriften und den eigenwilligen floralen und figürlichen Motiven unter anderem auf den Bodenfließen und Salbgefäßen. Zugleich eröffnen bislang vernachlässigte Restaurierungsberichte neue Perspektiven zur Aktualisierung des Forschungsstandes. Damit soll die Forschung zum Meister von Liesborn an die nationale und internationale Forschung zur spätmittelalterlichen Tafelmalerei angebunden werden.
Amadeus Tkocz B.A. studierte in Stuttgart, Antwerpen und Freiburg im Breisgau Kunstgeschichte und Anglistik. Derzeit absolviert er das Masterstudium der Kunstgeschichte an der Universität Freiburg.